KISS-Kinder
Einen wichtigen Schwerpunkt der Kinderosteopathie stellen schiefe Kinder dar, oft mit, aber manchmal auch ohne Auswirkungen auf die Schädelform.
Noch in den 90ger Jahren sind ausschließlich manuelle Verfahren eingesetzt worden, um diese Patienten zu behandeln. Seit dem Einsatz der sehr weichen und schonenden Osteopathie sind die manuellen Verfahren fast in Vergessenheit geraten.
Nun aber gibt es Säuglinge (und Klein- sowie Schulkinder) bei denen man mit osteopathischen Verfahren nicht oder nicht ausreichend weiterkommt. Oft müssen die Eltern mehrfach kommen, manchmal braucht das Kind zusätzlich Physiotherapie nach Vojta (Bobath wirkt bei diesem Beschwerdebild nicht), manchmal ist sogar eine Kopforthese (Helmtherapie) erforderlich.
Diese oft sehr leidenden Kinder (Schreitouren, Trinkschwäche, Konzentratiosschwäche bei Klein - und Schulkindern) brauchen stärkere Impuse. Das angemessene Verfahren stammt aus dem manualmedizinischen Therapiebereich und nennt sich HIO - Therapie (hole in one). Ich habe es neu in meine Kompetenzliste aufgenommen. HIO hilft bei 95% auch der schwer betroffenen Patienten. Der Atlaswirbel wird bei dieser Therapie durch einen Impuls von der Seite und einen weiteren von dorsal gegenüber den benachbarten Strukturen mobilisiert. Nebenwirkungen gefährlicher Natur sind bisher bei diesem Verfahren nirgens aufgetreten. Wir müssen allerdings aufpassen, dass uns keine Fehldiagnose unterkommt. Einige der schwer betroffenen Kinder haben ein Klippel - Feil - Syndrom, also Halb- und Keilwirbel sowie Blockwirbel in allen Segmenten der HWS, manchmal sogar über den cervico-thorakale Übergang hinaus bis in die BWS.
Von der Bewegungseinschränkung her definiert ist diese KISS - Syndromatik gekennzeichnet durch: Seitneige der HWS, Rotation zur Gegenseite, fast immer Hyperextension. Die Gegenrichtungen sind so gut wie immer gesperrt. Da das auslösende Segment C1 und C2 betrifft, also die obere HWS, ist die Symptomatik in gebeugter HWS - Position (Inklination) am deutlichsten zu sehen. In Reklination verschwindet die Rotationsblockade, weil bei der überstreckten HWS die untere HWS bewegt wird.
Also müssen Kinder mit KISS - Sympomatik eine radiologische Vordiagnostik durchlaufen. Das angemessene Verfahren heißt: Röntgen der HWS nach Sandberg/Gutmann. Es handelt sich dabei um eine a.p. -Aufnahme von Schädelbasis und HWS. Dabei wird die Röntgenröhre um 45 Grad gekippt, sodaß die Schädelbasis tangetial durchleuchtet und damit gut sichtbar dargestellt ist. Ich werde dich in solchen Fällen bitten, die entsprechende Diagnostik beim Kinderradiologen zu veranlassen. Dr. Möllers im Kinderzentrum Bethel ist bestens informiert und kennt sich damit aus.
Nach der radiologischen Diagnostik erfolgt die Therapie. Der eigentliche manuelle Impuls dauert nur wenige Sekunden.